Therapie
06.10.2025
Wenn die Großzehe abknickt: Hallux Valgus
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Die Füße in Training & Therapie, Teil 5
Unter einem Hallux valgus versteht man das Abknicken der Großzehe nach außen. Dabei biegt sich der Mittelfußknochen hinter der Großzehe nach innen, wobei die Großzehe selbst sich zunehmend nach außen verlagert. Bei dieser Verlagerung schiebt sich die Großzehe gegen die nächsten benachbarten Zehen, übt zunächst lediglich Druck aus und schiebt sich dann entweder unter oder über die benachbarte Zehe.
Durch diese Veränderung verformt sich im Laufe der Zeit der gesamte Vorfuß, verliert an Elastizität und Anpassungsfähigkeit bei Bewegungen. Zur Formveränderung der Zehen kommt dann auch die starke Deformation von Sehnen, Bändern und Gelenkkapseln. Diese führen im weiteren Verlauf auch zu übermäßigen Belastungen an den betroffenen Gelenken. So wird das Krankheitsbild zunehmend auch durch Entzündungen, nicht selten chronischer Art, und lokalen Gelenkschmerzen erweitert.
Diese besondere Fuß-, und Zehendeformität ist bei Frauen häufiger zu finden als bei Männern und ist in zunehmendem Lebensalter vermehrt und in progredienter Verlaufsform vertreten.
Ätiologie
Der Hallux valgus ist meist als eine sekundäre Deformität einzustufen, die infolge einer primären Grunderkrankung, eines primären Traumas oder eines entzündlichen Prozesses entsteht. Häufig existieren prädisponierende Faktoren wie z.B. Fußdeformitäten (Hohl-, Senk-, Spreiz- oder Plattfüße) oder entzündlich rheumatische Erkrankungen, die das Entstehen einer Hallux valgus Deformität auslösen oder unterstützen können. Ein Hallux valgus entsteht häufig in Stadien. Mehrere Faktoren wirken bei der Entstehung zusammen.
Nicht selten tragen unpassendes Schuhwerk und daraus resultierend ungünstige Belastungen wie z.B. zu enger Vorfußbereich des Schuhs, zu hohe Absätze, die einen starken Schub der Füße nach vorne bewirken etc., oder schlicht fehlende Ausgleichsbewegungen wie z.B. durch regelmäßigen Sport, häufiges Barfußlaufen oder einfach aktivierende Fußgymnastik zur weiteren Entstehung eines Hallux valgus bei.
Phasen der Veränderung
In der ersten Phase steht die Großzehe noch regelrecht, wird jedoch dauerhaft oder zumindest sehr häufig ungünstig belastet. Ausgehend von einer normalen Fußform mit einer normalen Ausrichtung der Großzehe, beginnt in der zweiten Phase eine allmähliche Verlagerung der Großzehe an die zweite Zehe heran. Dabei knicken die Großzehengelenke (Mittelfußgelenk und Großzehengrundgelenk) gegengleich ein. Das Gelenk des Mittelfußknochens knickt nach innen ein, während das Großzehengrundgelenk stark nach außen (also zu den anderen Zehen hin) belastet wird.
Die Gelenke werden so einseitig belastet und beginnen sich nachhaltig zu verformen. Auch wird der Großzehenballen dabei weitaus stärker belastet, als es gut für ihn wäre. Dies geschieht vor allem deshalb, weil die Großzehe so weit nach außen abgeknickt ist, dass sie für eine effektive Unterstützung des Fußes nicht mehr zu gebrauchen ist.
Pathogenese
Der Hallux valgus entsteht meist sekundär aufgrund einer Vorerkrankung in Form einer Fußdeformität oder aufgrund einer dauerhaften statischen Belastungsverschiebung. Beim Hallux valgus verlagert sich die Großzehe lateral (zur Kleinzehe hin), was zu Gelenkveränderungen und Belastungsverschiebung im Bereich der Grund- und Endgelenke führt.
Durch das laterale Abweichen der ersten Zehe verändern sich zudem die Sehnenzüge der Beuge- und Strecksehnen, woraus sich weitere mechanische Belastungsverlagerungen des Grund- und Endgelenkes ergeben. Diese Sehnenzüge unterstützen in der Folge die Progression der Deformität. Häufig ist auch das Entstehen einer Bursitis über den Metatarsalköpfchen als weitere Komplikation zu beobachten.
Der Hallux valgus im Verlauf
Neben den signifikanten mechanischen Veränderungen, einer starken Valgusstellung der Großzehe in Kombination mit einem verbreiterten Vorfuß (Tendenz zum Pes transverso-planus), finden sich auch häufig palpable arthrotische Veränderungen (knöcherne Anbauten) an den Metatarsalköpfchen und der Basis des Grundgelenkes. Weiterhin verdrängt die Großzehe die Zehen II– IV lateral und es sind Druckstellen (die auch manchmal schmerzhaft sein können) an den Schuhen und Zehen erkennbar. Im weiteren Verlauf entstehen auch eine progrediente Schmerzneigung (via Druckstellen) und eine nicht zu unterschätzende Entzündungsneigung (Bursitis) durch die Fehlstellung der Großzehe.
Auf Dauer führen die schmerzhaften Druckstellen auch zu einer Bewegungseinschränkung, sowohl der Großzehengelenke als auch der angrenzenden Mittelfußgelenke. Durch die Verbiegung der Zehen reduziert sich zudem auch die Auftrittfläche des Fußes, was Gleichgewichtsreaktionen und Stabilität allein schon beim Gehen deutlich erschweren kann.
Konservative Therapiemöglichkeiten
Bei Therapieaufnahme im initialen Stadium des Entstehens kann über eine kontinuierliche Anwendung von physiotherapeutischen Maßnahmen (z.B. Fußgymnastik, Manuelle Therapie und gezielter Innervationsschulung der Muskulatur, funktionelles Training, Krafttraining) in Kombination mit physikalischen Maßnahmen (v.a. Kryotherapie in kombinierter Applikation mit Elektrotherapie) zumindest eine rasche Progression der Deformität gebremst werden.
Weiterhin kommen unterschiedlichste Schienenversorgungen zur Anwendung, die eine weitere Abweichung des ersten Zehenstrahls verhindern und gegebenenfalls auch bereits entstandene Achsabweichungen korrigieren sollen. Auch mit speziellen Tape-Anlagen kann eine funktionelle Korrektur der Abweichung erreicht werden. Funktionelle Tapes können auch eine Symptomreduktion für den Alltag unterstützen und so zur vorübergehenden Erleichterung beitragen. Mit individuell ausgesuchten Übungen zur Kräftigung der Fußmuskulatur und zur Unterstützung der physiologischen Fußgewölbe (Längs- und Quergewölbe) können auch dauerhafte Korrekturen der Fehlpositionierung erreicht werden.
Unter optimalen Bedingungen und der aktiven Mitarbeit des Patienten - die funktionelle Übungsbehandlung und Optimierungen im Alltag (angepasstes Schuhwerk) betreffend - können auch deutliche Verbesserungen der Fehlstellung unter muskulärer Stabilisation erreicht werden. Bei kontinuierlicher Verschlechterung der Deformität oder deutlich steigendem Leidensdruck im deformitätsbezogenen Kontext (z.B. starke Schmerzen in Alltagsaktivitäten), ist ein operatives Vorgehen zur Korrektur durchaus sinnvoll.
Letzte Möglichkeit: OP
Überschreitet der Leidensdruck eine für den Patienten kritische Schwelle, ist ein operatives Vorgehen erforderlich. Grundlegend wird eine knöcherne varisierende Veränderung angestrebt, um die Großzehe wieder in eine gerade Ausrichtung zu manövrieren. Keilektomien und Sehnenverlagerungen gehören zum standardisierten operativen Vorgehen.
Kay Bartrow
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